Ksar

Ksar
Foto aus Wikipedia, Urheber: BishkekRocks – Ksar Hadadda in Tunesien

Als Ksar (arabisch ‏قصر‎, DMG qaṣr, Plural ‏قصور‎, DMG quṣūr, Plural in französischer Schreibung Ksour) werden traditionelle, ländliche befestigte Siedlungen oder Speicherburgen der Berber im Maghreb, also in den Ländern Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Mauretanien bezeichnet.

Wortbedeutung
Das hocharabische Wort qasr bezeichnet eine Burg oder ein königliches Schloss. Aus al-qasr leitet sich der spanische Begriff Alcázar (Festung), mit agglutiniertem arabischen Artikel al-, ab. al-qasr wiederum ist aus dem lateinischen castrum abgeleitet, welches mit Burg oder Festung übersetzt wird.

Der aus dem Arabischen ‏قصبة‎ / qaṣba stammende Begriff Kasbah hat zwar denselben Wortstamm, bezeichnet hingegen im gesamten Maghreb ursprünglich eine ausschließlich militärischen Zwecken dienende Festung. Diese kann innerhalb oder außerhalb von Städten liegen und diente häufig der besseren Kontrolle der Bevölkerung. Die Anwendung des Begriffs Kasbah auf ganze Stadtteile, die von Militärs und Hofbeamten sowie deren Familien bewohnt waren, ist eine spätere Wortentwicklung.

Funktion
Während der frühen islamischen Expansion (Futūḥ) bedeutete Ksar ein Militärlager. Die späteren Ksour dienten der Bevölkerung der nahegelegenen Siedlungen als Fluchtburg oder aber dem Schutz der in den zahlreichen Speicherkammern (Ghorfas) deponierten Güter vor Angriffen befeindeter Nachbardörfer oder vor räuberischen Nomadenstämmen.

Architektur
Die Ksour des Maghreb sind − in Abhängigkeit von ihrer Lage, ihrer Funktion, vom Klima und/oder von den regional verfügbaren Baumaterialien (Steine, Lehm) − sehr unterschiedlich gestaltet:

Tunesien
Ein typischer − in seiner architektonischen Gestalt an römische Amphitheater (z. B. El Djem) erinnernder − tunesischer Ksar ist meist aus kleinen Steinen und etwas Erde als Mörtel erbaut und hat in der Regel nur einen einzigen Zugang. Die Außenwände der Speicherkammern (Ghorfas) bilden eine geschlossene Außenmauer, die in vielen Fällen mit Lehm (im 20. Jh. auch mit Zement) verputzt wurde. Im Innern befindet sich ein großer offener − ovaler oder rechteckiger − Platz, um den herum sich die in zwei oder mehr Etagen übereinander angeordneten Speicherkammern gruppieren.

Die einheitliche geschlossene Bauweise der südtunesischen Ksour lässt die Vermutung zu, dass ihnen eine gemeinschaftliche und zukünftige Erweiterungen berücksichtigende Planung zugrundelag, denn bei wachsender Bevölkerung und dem sich daraus ergebenden höheren Bedarf an Speicherkammern konnten bzw. mussten diese oben auf die bereits vorhandenen aufgesetzt werden. Die architektonische Grundstruktur des Ksar blieb in solchen Fällen jedoch unverändert.

Die Ksour Südtunesiens und Westlibyens liegen oft an den Karawanenstraßen durch die Sahara und dienten als Speicherburgen (vgl. Agadire), Handelsplätze und manchmal auch als religiöse Zentren. Im Regelfall waren sie unbewohnt und wurden − je nach Bedrohungslage − nur von einem oder mehreren Wächtern bewacht. Ein typisches Beispiel für die Ksar-Architektur des Flachlandes ist der Ksar Hadadda.

In den Bergregionen Südtunesiens − vor allem im Dahar-Bergland − gibt es allerdings auch mehr oder weniger befestigte, aus Stein erbaute und ehemals ganzjährig bewohnte Siedlungen, die ebenfalls als Ksar bezeichnet werden (z. B. Chenini, Douiret). In ihrer über Jahrhunderte gewachsenen und verschachtelten Architektur unterscheiden sie sich grundlegend von den Ksour des Flachlandes. Beiden so unterschiedlichen Formen gemeinsam ist lediglich ihr Verteidigungscharakter.

Libyen
Im Westen Libyens existieren nur noch einige wenige − meist auf hohen Felsvorsprüngen erbaute − Ksour, die in ihren Funktionen und in ihrer architektonischen Gestalt denen im Süden Tunesiens vergleichbar sind (z. B. Qasr Bou Neran, Qasr al-Hadj, Kabaw/Cabao). Der Ksar von Nalut unterscheidet sich insofern von den übrigen, als in seinem Innern nachträglich ein weiterer ovaler Ring mit Speicherkammern eingebaut wurde, so dass − wie bei den Agadiren Marokkos − nur ein schmaler Gang mit Ghorfas auf beiden Seiten freibleibt.

Marokko
In Marokko bezeichnet der Begriff Ksar ein wehrhaftes, dauerhaft bewohntes Dorf, das aus mehreren − teilweise ineinander verschachtetelten − Wohnburgen (Tighremts) bestehen kann (z. B. Ait Benhaddou, Hoher Atlas) oder aber − in einigen wenigen Fällen − von einem geschlossenen Mauerring umgeben ist (z. B. Tizourgane, Antiatlas).

Eine einheitliche Planung der marokkanischen Ksour ist nur bei den von den Alawiden erbauten Ksour in der Umgebung von Rissani (Ksar Abouam, Ksar Abbar u. a.) festzustellen. Bei den ländlichen Ksour Marokkos entstand lediglich der − allerdings nur selten vorhandene bzw. erhaltene − Mauerring in gemeinschaftlicher Arbeit. Unbewehrte Dörfer werden in Marokko meist als douar bezeichnet (z. B. Amtoudi).

Mauretanien
Die mauretanischen Ksour sind eher − aus Stein erbaute − Siedlungen (Handelsplätze), die sich im Lauf von Jahrhunderten zu kleinen Städten entwickelt haben. Die UNESCO hat die mauretanischen Ksour von Ouadane, Chinguetti, Tichitt und Oualata zum Weltkulturerbe erklärt.

Heutiger Zustand
Aufgrund der Modernisierung der Lebensumstände und der Befriedung der Berberstämme sind alle Ksour des Maghreb funktionslos geworden. Hinzu kommen ausbleibende Regenfälle und eine stete Abwanderung der Bevölkerung in die Städte. Deshalb sind nahezu alle noch existierenden Ksour in argem Verfall begriffen. Ein Überleben dieser für die − nirgends schriftlich fixierte − Kulturgeschichte der Berber so charakteristischen Architektur wird wohl nur als Touristenattraktion oder als Filmkulisse möglich sein. So wurden etliche Szenen des Films Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung in den Ksour Südtunesiens (Ksar Haddada und Chenini) gedreht.

Quelle Text: Wikipedia

2 Gedanken zu „Ksar

  1. Elke

    Das Arabische ist für uns wirklich schwer auszusprechen. Aber seltsamerweise hätte ich das Wort sofort mit einem weiteren „a“ ausgesprochen, noch bevor ich den Hinweis auf Alcázar gelesen hatte.
    Lieben Gruß
    Elke

    Antworten
  2. minibar

    Wie die wohl in die oberen gelangt sind?
    Ach, da ist sowas wie die Andeutung einer schmalen Treppe zu erkennen. Ob es wirklich so gemeint war, wer weiß…
    Schade, dass sie nicht mehr genutzt werden.

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